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Zurückhaltung und ihre Folgen

Published 02 April, 19

Seit dem sogenannten „Dieselgate“ ist viel passiert und vieles nicht. Einiges jedoch hätte verhindert werden können.

Vor allem die zurückhaltende Position der deutschen Regierung hat dazu beigetragen, dass damals wie heute Besitzer von Dieselfahrzeugen nicht wissen, wie es zukünftig für sie weitergehen wird. Nur eines wissen sie genau: ihre Dieselautos haben an Restwert verloren und das Interesse einen neuen Diesel zu kaufen ist auf ein lange nicht gekanntes Rekordtief gesunken.

Es gibt vor allem zwei Situationen, die seit dem Dieselskandal problematisch sind. Erstens, dass Kunden ein Produkt gekauft haben, das in seinen Spezifikationen nicht dem entsprach, wie es ihnen verkauft wurde. Und zweitens, dass Dieselfahrzeuge zu einem großen Anteil dafür verantwortlich sein sollen, dass gesetzte Feinstaubgrenzwerte in vielen Städten überschritten werden.

Zum ersten Punkt ist die allgemeine Auffassung klar, dass ein Kunde, der ein Produkt gekauft hat, am Ende nicht für eine Unzulässigkeit oder einen Defekt zur Rechenschaft gezogen werden sollte. Vor allem wenn es eine Gesetzeslage gibt, die besagt, dass eine vermeintliche Nachbesserung den Anspruch auf eine Klage aussetzt. Auch wenn der eigentliche Schaden viel höher ist, als der Grund der Nachbesserung an sich und im schlimmsten Fall eine Stilllegung des Fahrzeuges droht. Aber dieses Thema ist weit komplizierter als der zweite Aspekt im Zusammenhang mit der Dieselproblematik.

Aufgrund der Klagen der Deutschen Umwelthilfe, die bemängelte, dass von der EU verabschiedete Feinstaubgrenzwerte in Deutschland überschritten würden, kamen mögliche Dieselfahrverbote ins Gespräch. Vor allem dieses Thema hat den rapiden Niedergang und eine sinkende Akzeptanz des Diesels beschleunigt. Und genau an diesem Punkt hätte sich die Bundesregierung klar und deutlich von Beginn an positionieren müssen, um kein Vakuum der Unsicherheit entstehen zu lassen.

Das Thema der überschrittenen Grenzwerte ist offensichtlich komplexer als erwartet. Der Einfluss von Dieselfahrzeugen auf stark überhöhte Grenzwerte scheint weniger stark als zu sein als angenommen. Feinstaub wird auch durch neue Diesel und Benziner und deren Reifen- und Bremsabrieb verursacht, der allgemeine öffentliche Nahverkehr emittiert Feinstaub, Kamine, Ofen-, Öl- und Gasheizungen tragen ebenso dazu bei wie auch die ortsansässige Industrie, Landwirtschaft oder Stromerzeugung (z.B. Kohleverstromung).

Vor allem Städte, in denen viel Schifffahrtsverkehr auf Flüssen oder in Häfen stattfindet, sind zudem von Feinstaub belastet. Auch das Wetters mit Hoch- und Tiefdruckgebieten, Winden und Regenfällen beeinflusst, wie stark die gemessene Belastung lokal ist. Jedoch am stärksten wiegt die Erkenntnis, dass sich die gemessenen Grenzwerte in den Städten, die bereits Fahrverbote eingeführt haben, noch nicht signifikant verbessert haben. Dies benötigt einen längeren Beobachtungszeitraum, um zu zeigen ob die Maßnahme wirksam war. Der Schaden für die Kunden ist allerdings schon seit Zeit real und bewiesen. Ganz zu schweigen davon, dass zum heutigen Zeitpunkt eine flächendeckende Kontrolle der Fahrzeuge mit Euro 5 oder geringerer Einstufung sehr personal- und zeitintensiv und eine automatische Kennzeichenkontrolle in Deutschland derzeit rechtlich schwer umsetzbar ist. Über die Verschiebung des vermeintlichen Problems an Orte außerhalb Deutschlands, wohin viele ältere Diesel verkauft wurden, wird auch nur in geringem Maße eingegangen, obwohl Feinstaub nicht an Grenzen halt macht.

All dies führt zu einem Schluss: wenn man über Fahrverbote hätte sprechen wollen, dann wäre es sinnvoll gewesen von Beginn an über ein allgemeines Fahrverbot oder eine Umorganisation des Verkehrs in besonderen Bereichen zu sprechen. Nicht über eines, das eine bestimmte Gruppe von Autofahrern benachteiligt. Somit hätte man gar nicht erst den Wertverlust von Dieselfahrzeugen heraufbeschworen, sondern die Diskussion auf dem Niveau gehalten, wo sie hingehört. Auch scheinen Besitzer von alten Dieselfahrzeugen die größten Verlierer der Debatte zu sein. Nun gibt es zwar Pläne, die zur Luftreinhaltung bereits teilweise implementiert wurden, aber trotz allem gibt die deutsche Regierung keine klare Fahrtrichtung in Richtung Zukunft und Konsumentenschutz. Was wird folgen? Höhere Besteuerung von alten Dieseln? Weitere Ausgrenzung von Dieseln oder sogar Benzinern aus den Städten? Spätestens jetzt wäre es an der Zeit aus den gemachten Fehlern zu lernen und den Millionen von Autobesitzern die Unsicherheit in Hinblick auf die Zukunft zu nehmen und sich klar zu positionieren.

Vor allem die deutsche Regierung, die mit ihren steuerlichen Vergünstigungen und Anreizen in der Vergangenheit viele Kunden dazu gebracht hat, sich für einen Diesel zu entscheiden, wäre es verpflichtend gewesen, die Bürger vor Schäden zu schützen. Stattdessen gab es zu wenig proaktives Handeln, um Dieselbesitzern Vertrauen und Sicherheit zu vermitteln.

Es bleibt zu hoffen, dass es zukünftig eine klarere Positionierung geben wird, die konsequent einen ganzheitlichen Ansatz beinhaltet, legislativ wichtige Grundlagen auf den Weg bringt und nicht Unsicherheit und Panik weiter schürt. Denn dass jeder von einer saubereren Luft profitiert ist vollkommen unstrittig und jede Maßnahme, die die Luftqualität merklich verbessert, sollte auch durchgeführt werden. Es sollte aber vermieden werden, dies auf dem Rücken derjenigen auszutragen, die millionenfach in guten Glauben ein Fahrzeug gekauft haben.

Written by: Max Robert Müller

Manager Future Car Values Germany

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